Sightseeing war gestern, heute haben wir das verrückte Tokio kennen gelernt. Die Stadt hat wirklich viele Facetten, aber irre ist sie auf jeden Fall.
Wir sind heute von einem Zufall zum anderen geschlittert und hatten einen lustigen Tag. Ich hatte mich vorher ein bisschen über Tokio informiert und von den vielen Tipps, von denen man liest, kann man ja immer nicht so viel umsetzen, weil man in einer ganz anderen Ecke der Stadt ist oder das Timing nicht stimmt. Heute war es so, dass wir irgendwie immer am richtigen Ort waren, um einen der Tipps auszuprobieren.
Unseren ersten Termin hatten wir um 12.00 Uhr in Harrys Tier-Cafe. Den Voucher hatte ich schon in Deutschland gekauft und es ist immer praktisch, wenn man einen ersten Anlaufpunkt hat. Das Tier-Cafe ist im Stadtteil Harajuku, wo wir gestern schon waren. Diesmal sind wir aber an einer anderen Bahnstation ausgestiegen und zum Cafe gelaufen. In Harajuku gibt es viele namhafte Modegeschäfte, aber auch super coole Secondhand- und In-Designer-Läden. Genau in so einer schönen Gasse lag das Tier-Cafe. Wir durften Chinchillas, Kaninchen und Igel streicheln. Und es waren drei süße Otter da, die allerdings sehr scharfe Zähnen haben und deshalb nur angeschaut werden dürfen. Lore fand die Otter besonders cool, weil sie lustig rumgeplantscht haben. Mir haben die Chinchillas gut gefallen, die sind putzig. Da Lore das schmächtige Self-made-Frühstück zuhause nicht gelangt hat, kamen hier die ersten Hungerrufe von ihr. Zufällig lag ein Monster-Cafe, in das ich sowieso gerne wollte, in der Nähe. Wir hatten auch Glück und sind ohne lange zu warten reingekommen. Jetzt fragt ihr euch bestimmt, was ein Monster-Cafe ist. Alles ist schrill und bunt, es liefen drei Models in wilden Klamotten und Perücken rum und ein Plüsch-Monster hat eine Fotorunde gemacht. Dazu gibt es laute Musik, bunte Spaghetti und lustige Drinks. Alles natürlich zu einem überteuerten Preis, aber dafür ist man ja auch an einem besonderen Ort. Die Einrichtung war echt wie im Comic und es hat uns viel Spaß gemacht, dort anderthalb Stunden zu schauen, zu spielen und die Tanzshow zu verfolgen. Mir hat das Konzept gut gefallen, wäre auch in Deutschland cool, besonders bei Kindergeburtstagen.
Von Harajuku sind wir weiter nach Shibuya, das um die Ecke liegt. Hier gibt es eine Straßenkreuzung, auf der alle Fußgängerampeln gleichzeitig auf grün schalten und man von allen Richtungen über die Kreuzung gehen kann. Das macht natürlich nur Spaß, wenn viele Leute da sind. Das war der Fall und wir sind einmal hin und wieder zurück gelaufen. Damit hatte es sich aber schon und wir sind weitergezogen zum nächsten hippen Ort: Shinjuku.
Hier tobt das Leben. Riesige Anzeigetafeln, Geschäfte, Kaufhäuser und viele Menschen. Sonntags sind die Straßen teilweise für den Autoverkehr gesperrt und werden von den Fußgänger genutzt. Alle Tokioer scheinen sonntags einkaufen zu gehen.
Einen Tipp, den ich gelesen hatten, war in der „Piss Alley“ essen zu gehen. Die Piss Alley ist eine kleine, niedrige und schmale Gasse, in der sich eine Kneipe an die nächste reiht. Ich wäre fast daran vorbei gelaufen, weil die Gasse so klein ist. Wir haben dort das gegessen, was jede Kneipe anbietet. Fleisch- und Gemüsespieße, die direkt auf einem kleinen Kohlegrill gelegt werden. Der Preis war stattlich, aber es war schließlich die Piss Alley.
Jetzt kommt der nächste große Zufall des Tages. Bei meinem Vorbereitungen ist mir immer wieder ein Tipp begegnet: Das Roboter-Restaurant. Ich wollte schon Tickets von Deutschland aus buchen, habe es aber verworfen, weil es wohl für Kinder schon beängstigend sein kann. Zufällig lag das Roboter-Restaurant (in dem man gar nicht ißt sondern nur die Show anschaut) nur wenige Straßen entfernt. Hätte ich die Route vorher geplant, hätte es sicherlich nicht so gut geklappt. Aber so sind wir einfach hingelaufen und es gab sogar noch eine Karte (Lore war kostenlos und sie wollte auch rein). Wenn ihr mal in Tokio seid, müsst ihr unbedingt dorthin gehen. Es ist zwar teuer (60 Euro), aber so eine coole Show habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Zuerst ist man in einem total kitschigen, goldigen Foyer mit Plüschsesseln und steigt dann hinab in den Keller. Dort haben sie ein paar Sitzplätze in einen niedrigen Raum gebaut, die sich gegenüberliegen. In der Gasse dazwischen ist die Bühne. Und da machen sie richtig Alarm. Riesige fahrbare Podeste, Autos, Figuren, Roboter, Dinosaurier, Trommler ziehen bei lauter Musik und in wilden Kostümen an einem vorbei. Man kann es kaum beschreiben. Teilweise habe sie mich an die Motivwagen beim Faschingsumzug erinnert. Dazwischen springen immer wieder Tänzer, Sänger und Musiker rum und feiern ein wildes und lautes Fest. Ich musste einen Großteil der Zeit grinsen, weil es so absurd und verrückt japanisch war.
Die Show war nach 90 Minuten und mehreren Umbaupausen vorbei und wir sind mit der Bahn zurück in die Wohnung gefahren.
Übriges, wenn man einen Japaner nach dem Weg fragt, darf man seine Antwort nicht immer für voll nehmen. Sie sagen nämlich immer was, auch wenn sie es nicht wissen. Ich glaube, Japaner wollen nicht ihr Gesicht verlieren und wenn sie die Antwort nicht kennen, raten sie einfach. Heute wußte ich einmal nicht, wo wir lang müssen und habe von vier verschiedenen Personen vier verschiedene Antworten bekommen. Also Vorsicht. Zum Glück raten sie so schlecht, dass man direkt weiß, dass die Antwort nicht stimmen kann.
Grüße aus einem verrückten Tokio
Silke